
Aus der Reihe: Klassiker der Deutschen Dichtung
möchte ich dem geneigten Viller-Volk
eine Neuinterpretation der "Bürgschaft"
zur Kenntnis bringen
Die Bürgschaft
Von Friedrich von Viller
Zum Harley-König Herbert fuhr
Smitty mit seiner Ankergrauen:
Ihn wollten die Häscher verhauen,
"Was wolltest du mit der Ville? sprich!"
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
"Die Stadt von allen Harleys befreien!"
"Das sollst du mit einer TorTour bereuen."
"Ich bin", spricht jener, "für den „Wundsattel“ bereit
Und bitte nicht um mein Leben:
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis dahin ist die neue Sitzbank soweit;
Ich führ’ dir den Varawolf

auf meine Spuren,
den magst du, entrinn' ich, tortouren."
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
"Drei Tage will ich dir schenken;
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh' du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen."
Und er kommt zum Wolf: "Der König gebeut,
Daß ich mir die Schwielen am Po
tortoure und leiden soll so.
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis dahin ist die neue Sitzbank soweit;
So bleib du dem Herbert zum Pfande,
Bis ich komme zu lösen die Bande."
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen;
Und Smitty ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Ist die Sitzbank auf’s beste mit seinem Hintern vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.
Da gießt unendlicher Regen herab,
Von den Bergen stürzen die Quellen,
Und die Bäche, die Ströme schwellen.
Und auf der Autobahn gibt’s einen Stau
Wie lang er war weiß keiner genau,
Doch die treue Ville zieht fest ihre Spur
auf dem Mittelstreif’ gibt’s eine Gasse nur.
Doch wachsend erneut sich des Staues Wut,
Und Auto an Auto nur steht,
Und Stunde an Stunde vergeht.
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut
Und fährt querfeldein, Dirty Hans kennt das gut,
Und teilt mit gewaltigen Armen
Das Gebüsch, und ein Gott hat Erbarmen.
Auf freier Straße eilet er fort
Und danket dem rettenden Gotte;
Da lauert die raubende Rotte
Tief in des Waldes nächtlichem Ort,
versteckt in den Büschen gieren sie dort
nach des braven Villers Kohle
Mit drohend geschwungener Laserpistole.
"Was wollt ihr?" ruft Smitty vor Schrecken bleich,
"Ich habe nichts als mein Leben,
Das muß ich dem Harley-König geben!"
Und entreißt die Laserpistole dem nächsten gleich:
"Um Varawolfs willen erbarmet euch!"
Und drei mit gewaltigen Streichen
haut er um, die andern entweichen.
Und die Sonne versendet glühenden Brand,
Und von der erheblichen Strecke
Ermattet schwächelt der Recke.
"O hast du mich gnädig aus Räubershand,
Aus dem Stau mich gerettet ans heilige Land,
Und soll hier verschmachtend verbleiben,
Und der Freund die Tortouren erleiden!"
Und horch! da sprudelt es silberhell,
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
Und stille hält er, zu lauschen;
Und sieh, ein Gasthaus dort, juchhei,
hier gibt’s ein Erdinger, alkoholfrei!
Und freudig setzt er sich, in einem Zug
zischt er ein Weißbier, das ist genug.
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün
Und malt auf den glänzenden Matten
Der Bäume gigantische Schatten;
Und zwei Biker sieht er die Straße ziehn,
Will eilender Fahrt vorüber fliehn,
Da hört er beim überrunden:
"Jetzt wird er ans Moped gebunden."
700 Kubik beflügeln die rasende Ville,
Ihn jagen der Sorge Qualen;
Da schimmern in Abendrots Strahlen
Von ferne die Zinnen von Kottenheim,
Und entgegen kommt ihm das Kettchen fein,
Fort Smittys redlicher Hüter,
Sie erkennet entsetzt den Gebieter:
"Zurück! du rettest den Wolf nicht mehr,
So rette den eigenen Arsch!
Die Tortour setzt sich gerade in Marsch.
Von Stunde zu Stunde gewartet' er
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,
Ihm konnte den mutigen Glauben
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben."
"Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht,
Ein Retter, willkommen erscheinen,
Soll Saddle Sore mich ihm vereinen.
Des rühme der Harley-König sich nicht,
Daß der Viller dem Deaudero gebrochen die Pflicht,
Er tortoure der Hintern zweie
Und glaube an Viller und Treue!"
Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor,
Und sieht das Bike schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet;
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
"Mich, Henker", ruft er, "müsst ihr binden!
An den Sattel, der Rest wird sich findent!"
Und Erstaunen ergreifet die Biker umher,
In den Armen liegen sich beide
Ja, eine Ville, die macht große Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Harley-König bringt man die Wundermär';
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen,
Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: "Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen;
So eine Ville, das ist doch kein leerer Wahn -
So nehmet auch mich zum Genossen an:
Ich kauf mir ‚ne Ville und ab durch die Mitte,
Bin ich in eurem Bunde der Dritte!"
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